Bonn So fängt kein Porno an: in völliger Schwärze, mit spärlichen Tropfgeräuschen von nass niederfallendem Schnee. Dann hellt sich das Bild ein wenig auf, und man sieht auf schäbigem Fabrikgelände eine zerschundene Frau, Joe. Die Frau wird vom alten Seligman Stellan Skarsgard gefunden, der ihr in seiner stockfleckigen Wohnung nicht nur Asyl, sondern Tee und ungeteilte Aufmerksamkeit gibt.
Dieser nachsichtige Beichtvater bekommt es in Lars von Triers vermeintlichem Skandalfilm mit einer zur Selbstverdammung entschlossenen Sünderin zu tun. Charlotte Gainsbourg, schon in "Antichrist" und "Melancholia" Lieblings-Schmerzensfrau des dänischen Passionsspielers, ist im morgen anlaufenden Teil 1 von "Nymphomaniac" stets züchtig bekleidet.
Ihre Jungmädchenexzesse nämlich werden Stacy Martin anvertraut, wobei die Drastik unter der Gürtellinie wiederum an einschlägig erprobte Bodydoubles sowie an Prothesen delegiert wird.
Nur vom Sonnenaufgang? Früh erprobt sie ihre Lolita-Qualitäten, wenn sie mit Freundin B. Überhaupt lässt von Trier ungewöhnlich viel Komik zu, wenn er Joes aggressives Männerangeln gegen die zitternden Köder beim Fliegenfischen schneidet und in ihren Verführungsstatistiken die Fibonacci-Zahlen sucht.
Und kaum schwärmt Seligmann von Bach, fällt Joe ein, dass sich die "Stimmen" ihrer Liebhaber womöglich auch zu strahlender Polyphonie vereinen könnten. Da ist Joes Vater Christian Slater , der meint, dass die Bäume ihre Seele nur im Winter in Gestalt ihrer schrundigen Äste zeigen. Oder Uma Thurman, die als verlassene Frau gegen sich, ihren Mann und das Flittchen Joe Amok läuft und im Mantel den nacktesten Moment des Film produziert.
